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Auch auf der Iller zwischen Bayern und Baden-Württemberg wird gesurft.

Auch auf der Iller zwischen Bayern und Baden-Württemberg wird gesurft. Foto: Stefan Puchner/dpa

Ritt auf der künstlichen Welle Iller, Pegnitz und Eisbach: Flusssurfen wird immer beliebter

Viele kennen die Eisbachwelle in München. Doch auch an anderen Orten in Deutschland erhält das Surfen auf künstlichen Wellen Zulauf.

Im Wasser auf einer Welle reiten, ohne lange Fahrt ans Meer und ohne ewiges Warten auf ausreichend Brandung: Immer mehr Menschen surfen auf künstlich erzeugten Wellen auf Flüssen und Seen in ganz Deutschland.

Ob auf einer sogenannten stehenden Welle oder beim Brückensurfen mittels eines Seils im Kampf gegen die Strömung - das Surfen auf künstlichen Wellen habe in Deutschland, aber auch weltweit extrem zugenommen, sagt Michael Zirlewagen vom Deutschen Wellenreitverband, kurz DWV.

Vereine bauen künstliche Wellen

Im DWV sind als Dachverband vor allem die professionellen Surfer und ihre Vereine vertreten, die Wellenreiten oft auch als Leistungssport betreiben. Zirlewagen beobachtet aber mit Freude, dass es immer mehr Amateursurfer gibt. Er geht deshalb davon aus, dass sich in ein paar Jahren mehr und bessere junge Surfer entwickeln werden. Positiv sieht Zirlewagen neben dem sportlichen Aspekt vor allem, dass sich auch immer mehr Vereine für den Surfsport gründeten und eigene künstliche Wellen bauten. Das sei umso bemerkenswerter, da Surfen ja kein Gruppensport sei.

Einer dieser Vereine sitzt in Ulm. 2019 gegründet, hat die Gruppe Ulm Surfing bereits rund 100 Mitstreiter, wie Surfer Linus Reulein sagt. Das große Ziel: eine stehende Welle in Ulm. Als Vorbild dient die inzwischen weit bekannte Eisbachwelle in München. Bis es soweit ist, muss für die Ulmer Surfer eine Brücke an der Iller im Süden der Stadt herhalten. Mit einem modifizierten Bungeeseil, das an der Brücke hängt, stemmen sich die Surfer gegen die Strömung. Bei Wind und Wetter kommen sie hierher.

«Das Ganze ist eine super Übung für das Surfen im Meer», sagt Linus Reulein. Man müsse nicht lange auf eine Welle warten. Die Fahrt ans Meer fällt ebenso weg. Mit dem Rad kommen die Ulmer Surfer nachmittags regelmäßig an den Fluss und können so Minute um Minute auf der Welle aneinander reihen.

In München ist größter Surfpark Europas geplant

Während die Ulmer ihre stehende Welle in der Stadt noch planen, sind andere bereits weiter. An vielen Orten im ganzen Land entstehen neue Wellen, weitere sind in Planung. So hat etwa in Pforzheim der Verein Blackforestwave eine der ersten stehenden Wellen in Baden-Württemberg umgesetzt. Nach der ersten Idee 2014 hat es der Verein sieben Jahre später zu seiner eigenen Welle im Metzelgraben, einer Ableitung der Nagold in der Innenstadt, geschafft.

Eine fischdurchlässige Stahlanlage sorgt nun mit hydraulisch verstellbaren Platten für Wellen auch bei unterschiedlichen Wasserständen. Möglich war dies durch Beharrlichkeit des Vereins, zahlreiche Sponsoren und ein gutes Miteinander mit den Behörden. Nach ersten Tests in diesem Sommer soll die Welle noch in diesem Jahr den Surfern aus Pforzheim und von außerhalb zur Verfügung stehen.

Auch in Nürnberg auf der Pegnitz sollen noch dieses Jahr die ersten Surfer auf einer neu gebauten künstlichen Welle reiten können. Und bei München, mit der Eisbachwelle sozusagen Wiege des deutschen Flusssurfens, soll der größte Surfpark Europas entstehen. Bis 2023 sollen im Norden der Stadt bis zu 60 Sportler und Sportlerinnen gleichzeitig auf einer rund 180 Meter langen Welle surfen können.

Auch wenn sich Verbände wie der DWV für den Naturschutz einsetzen und sich der Auswirkungen des Surfens auf Wild- und Meerestiere bewusst sind, gibt es mancherorts Misstrauen gegenüber neuen Surfwellen auf Flüssen. So wurde etwa das Vorhaben in Nürnberg von Anwohnern mit Verweis auf möglichen Lärm und Umweltzerstörung auch kritisch diskutiert. Beim Naturschutzbund (Nabu) sind bislang keine größeren Probleme mit künstlichen Surfwellen bekannt. Doch es sei wichtig, die Auswirkungen auf die Natur im Einzelfall stets genau zu prüfen, sagt eine Nabu-Sprecherin.

Dass es immer mehr Menschen zum Surfen vor allem auf künstlichen Wellen zieht, liegt für Michael Zirlewagen von DWV vor allem an der leichten Zugänglichkeit. Im Meer sei man oft nur wenige Sekunden auf der Welle, auf einer stehenden Welle könne man vieles besser üben und sei länger am Surfen.

Deutsche Meisterschaft im Rapid Surfing

Im Wellenreitverband ist das Surfen auf künstlichen Wellen noch eine recht junge Disziplin. Die erste Deutsche Meisterschaft im sogenannten Rapid Surfing, wie der Verband das Surfen auf künstlichen Wellen nennt, fand 2019 statt. Und das seitdem auch stets in kommerziell betriebenen Surfanlagen. Die nächste Meisterschaft soll nach dem Bau von zahlreichen künstlichen Wellen im ganzen Land nun erstmals auf einer Vereinsanlage ausgetragen werden.

Die Surfvereine stecken zwar viel Geld und Herzblut in ihre Anlagen, wie Zirlewagen sagt. Doch als Wirtschaftsfaktor für den Einzelhandel hat sich das zunehmende Wellenreiten aus Sicht von Constantin Schürer noch nicht entwickelt. Der Betreiber eines Geschäfts für Surfbedarf aus Bad Säckingen in Baden-Württemberg kennt den Sport seit vielen Jahren, auch als Preisträger mehrerer Titel bei Surfwettkämpfen.

Doch die meisten der neuen Surfer setzten auf Leihboards, sagt Schürer. Nur wenige kauften sich direkt selbst ein Surfbrett oder einen Neoprenanzug, und die langjährigen Surfer seien versorgt. Doch auch er geht davon aus, dass sich die zahlreichen neuen Surffans mittelfristig beim Umsatz auswirken werden. Durch die vielen künstlichen Wellen in Städten gehe der Sport in die Breite und werde einem größeren Publikum bekannt. Deshalb hat Schürer vor allem die Hoffnung, dass viele der Flusssurfer auch den Weg zum klassischen Surfen im Meer finden. Neben einer stehenden Welle ist das für viele Surfer das eigentliche Ziel - das sieht auch Linus Reulein in Ulm so.

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